Menuhin Festival Gstaad: Ende und Eindrücke

Bereits seit einigen Tagen ist in Gstaad der Schlusspunkt gesetzt, sind die Kirchen in Saanen, Zweisimmen und Rougemont wieder ihrer eigentliches Bestimmung gewidmet, ist das Festivalzelt geputzt und “eingemottet” für nächstes Jahr.
Gerne erinnere ich mich an zwei sehr inspirierende Konzerte mit der Norwegerin Vilde Frang, Violine, die ich als Gast besuchen durfte. Ich habe sie zum ersten Mal live erlebt, und sie hat sich gleich zuoberst in meine persönliche Geigerinnen-Liga gegeigt.
Etwas derart Unverfälschtes, Spontanes, Natürliches, dabei höchst Sensibles, Tiefgründiges, Eigenständiges, scheu, verspielt, gewissenhaft, elfengleich, gleichzeitig souverän, selbstbewusst, schalkhaft – einzigartig!

Eindrücke über die zwei folgenden und für den Berner Oberländer rezensierten Konzerte (Tetzlaff & Andsnes, Christian Zacharias) können im vorangehenden Eintrag nachgelesen werden.

Auch das Kinderkonzert wurde dem heurigen Motto “Pomp in music” mehr als gerecht. Der betriebene Aufwand, die Kostüme, die gesanglichen und schauspielerischen Leistungen der Kinder gehören in hohem Masse gewürdigt.
Wie man der nachfolgenden Rezension entnehmen kann, hat ein unerfreulicher Umstand letztendlich aber grösseres Gewicht erhalten.
Wie kann es sein, dass bei sämtlichen Konzerten des renommierten Festivals bei Profifotografen derart Wert auf störungsfreies Fotografieren (am liebsten nur während des Applauses) gelegt und den Zuschauern – verständlich und absolut korrekt – das Ablichten des Geschehens gleich ganz untersagt wird, beim Kinderkonzert hingegen, dessen Protagonisten sich nicht weniger ins Zeug legen als ein Weltstar, ein zum Equipement gehörender Herr während der gesamten Aufführung mit seiner Kamera entweder im Mittelgang oder dicht beim Orchester herumtanzte oder – sehr zum Leidwesen der ihn umgebenden Besucher – gar auf die Stühle stieg zum fotografieren? Für was gibt es denn Hauptproben? (Und im Konzert mit Anne Sophie Mutter wurde dem Profifotografen, der einer meiner besten Freunde ist und von dem man nicht die Bohne merkt, extra Wachpersonal zur Seite gestellt…..)

Die Kinder haben genauso ein Recht auf absolute Aufmerksamkeit und Ruhe während ihrer Darbietung wie jeder grosse Künstler auch. Basta. Das gilt übrigens auch für alle die Eltern, die während der für die Kinder zurechtgeschneiderten Ausgabe von “Aida” in normaler Lautstärke miteinander oder mit ihren Sprösslingen redeten. Wer denn sonst, wenn nicht die Eltern, soll ihnen beibringen, was Respekt bedeutet? Respekt vor der grossen Leistung ihrer Geschwister dort vorne auf der Bühne, vor dem Sitznachbarn, der gerne etwas mitbekommen möchte und nicht gewillt ist, das Geflacker eines Handybildschirms samt dazugehörendem Geräusch zu ertragen, weil man das Kind ja schliesslich während einer einstündigen Aufführung noch zusätzlich unterhalten muss. Fragt sich nur, wer hier von wem was lernen muss bzw. können sollte….
Diese Thematik könnte wohl noch lange erörtert werden, aber dem sei für heute nun Genüge getan.

Viel erfreulicher war mein letzter Dienst für den Berner Oberländer, das Konzert mit Cecilia Bartoli, Sol Gabetta und der Cappella Gabetta unter der Leitung von Sols Bruder Andrés.
Ebenfalls zum ersten Mal erlebte ich die grosse Sängerin, und wer mich kennt, kann verstehen, dass ich gleich zum Fan mutiert bin.
Ich mache einen schwungvollen Kniefall vor ihrem Können und ihrem Engagement für Musik und Geschichte. Die Frau singt wie eine Lerche, wie ein Alexandre Dubach auf seiner Geige.
Was mich aber im Herzen berührt, ist Cecilia Bartoli als Mensch. Als funkensprühende Italienerin mit soooo viel Herz und Temperament, mit Humor und Hingabe, mit ihrer unwiderstehlichen Art, für sich einzunehmen.

Hier die beiden Artikel:

“Grabkammer mit Fluchtweg”, Berner Oberländer vom 29.08.2017

“Beflügelnder Barock”, Berner Oberländer vom 02.09.2017

Gerne weise ich hier auch auf die Artikel von Erich Binggeli und meinem Freund und Redaktor Svend Peternell in derselben Zeitung hin, die weitere Konzerte in sehr lesenswerter Weise besprochen haben.